Wenn die Marketing-Strategie gar keine ist…
Gepostet in News von GLOBONET
Vom international operierenden Grosskonzern bis hin zur Ein-Mann-Bude: Man hat eine Strategie. Wenn schon kein Dokument existiert, auf dem in fetten Lettern „Strategie“ prangt, dann gibt es zumindest ein, zwei PowerPoint Präsentationen, die das Thema behandeln. – Gut aufgestellt, könnte man meinen. Doch weit gefehlt! Nicht überall, wo Strategie draufsteht, ist auch eine drin. Und viele, die glauben, eine zu besitzen, haben nichts als Makulatur.
Freek Vermeulen, Associate Professor an der London Business School, hat drei populäre Irrtümer zusammengetragen, die im Zusammenhang mit Strategien immer wieder auftauchen.
Ziele sind noch keine Strategie
„Wir wollen die Nummer eins oder zwei am Markt sein“ – Wir alle haben das dutzendfach gehört. Der Vorsatz an sich ist löblich. Das Problem nur: Er beschreibt das Ziel und nicht den Weg dorthin. Dabei sollte die Strategie genau darüber Aufschluss geben: Wie schaffe ich es, die von mir festgesteckten Ziele auch wirklich zu erreichen? Was ist notwendig? Was ist zu tun?
Die Strategie bringt die Notwendigkeit mit sich, Entscheidungen zu treffen – echte, folgenschwere Entscheidungen. Die Nummer eins am Markt zu sein, ist keine solche Entscheidung. Schliesslich würde sich keiner freiwillig damit begnügen wollen, die Nummer 87 zu sein.
Wer einen Marathon gewinnen will und mit dem Motto an den Start geht „Ich muss besser sein als alle anderen“, hat gute Absichten – aber keine Strategie. Die nämlich würde verraten, welche konkreten Massnahmen zu diesem Ziel führen sollen (Trainingsplan, Ernährung, etc.).
Eine Strategie darf kein Staatsgeheimnis sein
Viele Unternehmen schmücken sich mit einer phantastischen Strategie. Sie haben in mühseliger Kleinarbeit und vielen, vielen Sitzungen einen Katalog an Einzelmassnahmen ausgearbeitet, die fein aufeinander abgestimmt sind. Das Wertversprechen ist darin ebenso geregelt wie die explizite Zielgruppe, die es zu bedienen gilt. Soweit nicht verkehrt. Fragt man aber einen Angestellten aus dem mittleren Management – also einige Etagen tiefer –, was der Inhalt der Strategie denn eigentlich sei, dann sieht man fragende Gesichter.
Wir lernen: Alles, was das Verhalten der Menschen in einer Organisation nicht direkt und nachhaltig ändert, trägt das Strategie-Siegel zu Unrecht. Wenn niemand von ihr weiss, wenn keiner sie versteht, kann die Strategie keinen Einfluss üben – weder auf Handlungen noch auf Entscheide. Die Strategie muss offen und klar kommuniziert werden, an jedem Ort im Unternehmen.
Strategie ist nicht, was Sie eh schon tun
Wenn Firmen darangehen, ihre Strategie auf Papier zu bringen, suchen sie Formulierungen: Was tun wir aktuell? Was haben wir immer schon getan? Und wie drücken wir das aus?
Dagegen ist nichts einzuwenden – solange das, was Sie tun, auf einem Set aus stimmigen, kohärenten Einzelentscheidungen basiert (in anderen Worten: auf einer Strategie). In den meisten Fällen allerdings kommt ein Haufen an nichtssagenden Floskeln heraus, die nichts anderes tun, als zum „Durchhalten!“ aufzurufen – ungeachtet der Tatsache, dass sämtliche Aktivitäten nicht im geringsten Zusammenhang stehen.
Als abschreckendes Beispiel führt Freek Vermeulen Ahold an, den niederländischen Betreiber von Supermarktketten. „Multi-format, multi-local, multi-channel“ hatte sich Ahold strategisch auf die Fahnen geschrieben – von allem etwas und nichts im Detail. Dass der Konzern mit diesem Motto nicht eben erfolgreich war, wundert da kaum.
Und nun?
Professor Costas Markides von der London Business School bringt es auf den Punkt: „Bei der Strategie geht es darum, Entscheidungen zu treffen – wer, was, wie: Wer ist Ihre Zielgruppe? Was verkaufen Sie? Und wie schaffen wir es, die value proposition erfolgreich zu vermitteln?“ Wer diese Fragen mit einzelnen Entscheidungen beantworten kann, die sich gegenseitig beeinflussen und stärken, hat tatsächlich eine Strategie.
Hier geht’s zu Freek Vermeulens Artikel.
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